Barrierefreiheit im Web: Webseiten nach WCAG optimieren

3 Minuten Lesezeit

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) bieten Webentwickler*innen einen international anerkannten Standard, um digitale Inhalte so zu gestalten, dass sie für alle Menschen zugänglich sind – unabhängig von individuellen Einschränkungen.

Was ist WCAG?

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0 wurden vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt und dienen als Grundlage für die barrierefreie Gestaltung von Webinhalten. Ziel ist es, Websites so zu konzipieren, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können – etwa bei Seh-, Hör-, Bewegungs- oder kognitiven Einschränkungen.

Die Richtlinien basieren auf vier grundlegenden Prinzipien – bekannt als POUR:

  1. Perceivable (Wahrnehmbar): Inhalte müssen visuell, auditiv oder taktil erfassbar sein.
  2. Operable (Bedienbar): Die Bedienung der Website muss mit unterschiedlichen Eingabemethoden möglich sein (z. B. Tastatur).
  3. Understandable (Verständlich): Die Navigation und Inhalte müssen klar strukturiert und verständlich sein.
  4. Robust (Robust): Inhalte sollen mit gängigen und zukünftigen Technologien kompatibel sein.

Konformitätsstufen der WCAG

Die WCAG 2.0 ist in drei Stufen unterteilt, die den Grad der Barrierefreiheit beschreiben:

Stufe A (Minimalanforderungen)

  • Bietet grundlegende Barrierefreiheit.
  • Stellt sicher, dass Inhalte zumindest grundsätzlich zugänglich sind.
  • Beispiele: Alternativtexte für Bilder, keine rein per Maus bedienbaren Elemente.
  • Keine spezifischen Anforderungen an Farbkontraste.

Stufe AA (Empfohlener Standard)

Diese Stufe deckt den Großteil der Lesbarkeit für Personen mit Seheinschränkungen ab.

  • Erweiterte Anforderungen, gesetzlich häufig vorgeschrieben (z. B. für Behörden).
  • Beispiele: Mindestkontrastverhältnis, sinnvolle Navigation per Tastatur, klare Fehlermeldungen bei Formularen.
  • Anforderungen an Farbkontraste
  • Normale Schriftgröße: mindestens 4,5:1
  • Große Schriftgröße: mindestens 3:1

(„groß“ = mindestens 18pt normal oder 14pt fett)

Stufe AAA (Maximaler Standard)

Diese hohen Anforderungen gewährleisten Lesbarkeit auch bei starker Sehschwäche oder Kontrastempfindlichkeit.

  • Sehr hohe Anforderungen, z. B. für spezielle Zielgruppen oder barrierefreie Leuchtturmprojekte.
  • Beispiele: Kontrastverhältnis von 7:1, einfache Sprache, Gebärdensprachvideos.
  • Normale Schriftgröße: mindestens 7:1
  • Große Schriftgröße: mindestens 4,5:1

Zusatz

Grafiken, UI-Komponenten und Texte in Logos sind von diesen Werten ausgenommen, sofern keine alternative Darstellung notwendig ist.

Optimierungsschritte für eine barrierefreie Website

1. Analyse des Ist-Zustands

  • Mit Tools wie WAVE oder axe erste Problembereiche identifizieren.

2. Semantisches HTML

  • Strukturierte Seiten mit HTML5-Elementen (<main>, <nav>, <section>, etc.).
  • Korrekte Beschriftung von Formularen und interaktiven Elementen.

3. Alternative Inhalte

  • Alle Bilder benötigen sinnvolle alt-Attribute.
  • Audiovisuelle Inhalte sollten durch Untertitel oder Transkripte ergänzt werden.

4. Tastaturnavigation gewährleisten

  • Fokusindikatoren sichtbar machen (:focus).
  • Navigation ohne Maus muss vollständig möglich sein.

5. Kontrast und Farben

  • Mindestens Kontrastverhältnis 4.5:1 (für AA) zwischen Text und Hintergrund.
  • Farben nicht als alleinige Informationsträger verwenden.

6. Responsive und skalierbares Layout

  • Inhalte müssen ohne horizontales Scrollen oder Zoom-Verlust nutzbar bleiben.

7. ARIA-Rollen & States

  • Unterstützend einsetzen, besonders bei komplexen UI-Komponenten.

8. Formular-Validierung & Fehlerhinweise

  • Fehlermeldungen verständlich formulieren und barrierefrei präsentieren.

9. Klar verständliche Sprache

  • Fachbegriffe erklären, einfache Satzstrukturen bevorzugen.

Tools zur Prüfung der WCAG-Konformität

Online-Tools

ToolFunktion
WAVE Browser-basiertes Tool zur visuellen Analyse
axe DevTools Erweiterung mit ausführlicher Fehlerbeschreibung
Google Lighthouse Accessibility-Analyse in Chrome DevTools
Siteimprove Checker Echtzeitprüfung im Browser
TANAGURU Vollautomatisierte WCAG-Tests ganzer Seiten

Offline- und Desktop-Tools

ToolBeschreibung
Accessibility Insights Microsoft-Tool für Windows und Chrome
NVDA Screen Reader Kostenlos, beliebt für Screenreader-Tests
JAWS Branchenstandard für professionelle Screenreader-Tests
Color Oracle Farbsinn-Simulation für Desktop

Fazit

Die Umsetzung der WCAG 2.0 ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch ein gesellschaftlicher Auftrag. Gerade in Zeiten zunehmender Digitalisierung ist der barrierefreie Zugang zu Informationen ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Mit dem richtigen Know-how, den passenden Tools und einer systematischen Herangehensweise lassen sich Websites nicht nur gesetzeskonform, sondern vor allem inklusive und zukunftssicher gestalten.

Anmerkung

Diese Optimierung ist förderbar (KMU.DIGITAL & GREEN).

Weiterführende Literatur & Weblinks

Offizielle Quellen & Standards

Fachartikel & Leitfäden

Buchtipps

  • Accessibility for Everyone – Laura Kalbag – ISBN: 978-1-937557-79-0
  • Inclusive Design Patterns – Heydon Pickering – ISBN: 978-3-945749-31-9
  • Barrierefreies Webdesign – Jan Eric Hellbusch – ISBN: 978-3-95982-259-1
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